Über …

Taijiquan

Taijiquan ist Gesundheitsprophylaxe, ‚innere‘ Kampfkunst, Entspannung, Meditation in Bewegung und doch auch viel mehr als all das. Wurzelnd in der Philosophie des Daoismus wurde diese alte chinesische Bewegungskunst ursprünglich als sanfte, ‚innere‘ Kampfkunst entwickelt. Auch wenn manche Taiji-Meister heute noch im Kampf unübertroffen sind, überwiegen im täglichen Üben Aspekte der Gesundheitsprophylaxe und Meditation. Das Erlernen der langsam fließenden Bewegungsabläufe des Taiji lässt uns Stärke trotz Weichheit erfahren und Konzentration bei Entspanntheit. Unabhängig von Alter und physischen Voraussetzungen hilft uns Taiji dabei, unsere Mitte zu finden und auch im Alltag zu bewahren.

Geschichte – vom 19. Jahrhundert bis jetzt

Inneres Taijiquan

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde begonnen, Taiji auch öffentlich zu unterrichten. Dabei wurde aber streng zwischen dem öffentlichen, oder ‚äußeren‘ Taiji und dem nur innerhalb der Familie vermittelten ‚inneren‘ Taiji unterschieden. Nur das innere Taiji beinhaltete die Geheimnisse und Prinzipien des Zusammenspiels von Geist, Körper und Qi, für die das Taiji zu jener Zeit so berühmt war.

Im Laufe seiner weiteren Verbreitung wurde Taiji immer häufiger auch von ehemaligen Schülern des äußeren Taiji unterrichtet, die sich selber zu Lehrern oder gar Meistern ernannt hatten. Dadurch kam es zu einer immer stärkeren Verwässerung der eigentlichen Taiji-Prinzipien.

Im Westen, aber auch in China, wo die Kulturrevolution das Wissen um das innere Taiji weitgehend ausgelöscht hat, findet man heute fast ausschließlich äußeres Taiji.

Kampfkunst

Inneres Taijiquan war im China des 19. Jahrhunderts als Kampfkunst berühmt, weil seine Meister die Fähigkeit besaßen, bei Zweikämpfen den Gegner ohne Einsatz von Muskelkraft von sich abprallen zu lassen. Die innere Kraft ‚Ching‘, die das ermöglicht, entsteht aus dem Wechselspiel von innerer Energie, Qi, und müheloser Absicht, ‚I‘.

Auch wenn Kampfkunstaspekte heute meist nicht im Mittelpunkt des Interesses an Taiji stehen, so führt die Arbeit mit der inneren Energie (chin: Nei-k’ung) auf dem Taiji Weg doch zu einem erhöhten Potenzial an Qi und I. Verbunden mit dem verbesserten Körperbewusstsein des Taiji Lernenden entwickelt sich fast von allein auch die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit einem Gegenüber. Spielerische Partnerübungen und Ch’i Tests lassen uns im Unterricht die oft überraschenden und völlig aggressionsfreien Ch’i Kräfte in uns selber entdecken. In fortgeschrittenen Stufen können dann auch Anwendungen des Taiji in der Kampfkunst erlernt werden.

Yang Stil – Taijiquan von Yang Lu-Chan

Alte Meister

Der von Yang Lu-Chan (1799-1872) begründete Yang-Stil wurde in seiner authentischen Form zunächst nur in direkter Familientradition von Vater auf Sohn übermittelt. Die direkte Traditionslinie verläuft so über Yang Chien-Hou (1839-1917) und Yang Chen-Fu (1883-1936) zu Yang Shou-Chung (1919-1985), der die ITTCA (International Tai Chi Chuan Association) gründete.

Großmeister Chu King-Hung leitet heute als Meisterschüler von Yang Shou-Chung die ITCCA in Europa. In zahlreichen Kursen im In- und Ausland können alle Schüler der ITCCA Großmeister Chu King-Hung im Unterricht live erleben.

Literatur

Das Innere Tai Chi Chuan –
Einführung in den authentischen Yang-Stil
von Frieder Anders (2004)
Theseus Verlag, ISBN 3-89620-224-3

Taichi – Chinas lebendige Weisheit
von Frieder Anders (1985)
Diederichs Verlag, 1985
Heyne Verlag, 2001

T’ai Chi Ch’uan Ta Wen:
Questions and answers on T’ai chi ch’uan
Chen Wei-Ming
North Atlanta Books
ISBN 0-938190-67-9

Mastering Yang Style Taijiquan
Fu Zhongwen
North Atlantic Books
ISBN 1-55643-318-2

T’ai-chi Touchstones:
Yang Family Secret
Transmissions
Douglas Wiley
Sweet Ch’i Press

T’ai Chi Classics
Waysun Liao
Shambala Press
ISBN 0-87773-531-X

Kurse – Taijiquan, Vertiefungsstufen und andere Kurse

Taiji-Form

Im Mittelpunkt des Taiji Unterrichts steht die sogenannte Taiji-Form, eine in Bilder (Abschnitte) unterteilte Abfolge langsam fließender Bewegungen. Die Form ist in drei Teile gegliedert: Erde, Himmel und Mensch. Im ersten, dem kürzesten Teil lernen wir bereits die Grundprinzipien und -elemente der Taiji-Bewegungen kennen. Hier steht die Verwurzelung oder ‚Erdung‘ der Bewegungen im Mittelpunkt. Im zweiten Teil werden die einzelnen Bilder dynamischer und unser Gleichgewichtsgefühl wird in ‚luftigen‘ Kicks weiter entwickelt. Der dritte Teil verknüpft Elemente des ersten und zweiten Teils, so wie der Mensch Elemente von Erde und Himmel in sich verbindet.

Das Erlernen der gesamten Form erstreckt sich über ein bis zwei Jahre. Aber bereits ab der ersten Stunde entdecken wir die positiven Effekte und gewinnen faszinierende Einblicke in dieses alte Übungssystem.

Vertiefungsstufen

In den Vertiefungsstufen erschließen sich uns nach dem Erlernen der Form der Zugang zum inneren Taiji. In der ‚Yin Yang Form‘ wird der Atem bewusst in die Form integriert, die Bewegungen finden ihren natürlichen Rhythmus. In der ‚Chi-Form‘ erschließt sich uns in subtilen, spiraligen Armbewegungen die besondere Kraft des Taiji. In der ‚Zentrums-Form‘ finden wir den Ursprung dieser Kraft in unserer Körpermitte. Die ‚Beinspirale‘ führt zu einer tiefen Verwurzelung unserer Haltung, egal ob in Ruhe oder in Bewegung. Die ‚Halsspirale‘ öffnet den Hals-Nacken-Bereich und führt so zu Wachheit und Klarheit. Der ‚Innere Atem‘ schließlich wird zum Motor der ‚Inneren Energie‘ und lässt uns die Fähigkeiten der alten Taiji-Meister erahnen.

Alle Vertiefungsstufen basieren auf den Bewegungen der Taiji-Form, verändern sie in subtiler Weise und begleiten uns so auf dem Weg zum Inneren Taiji.

Partnerformen

Inwieweit wir die Inneren Prinzipien des Taiji tatsächlich verstanden haben, können wir in den Formen der ‚Schiebenden Hände‘ (‚Push Hands‘ oder T’ui Shou) erfahren. In der spielerischen Auseinandersetzung mit einem Gegenüber erspüren wir gegenseitig Haltungen und Bewegungen, in denen wir Chi verschwenden oder es blockieren. Dabei erlernen wir eine Wachheit, die auch ‚Energie hören‘ genannt wird. Auch beim Push Hands gibt es eine Reihe vorgegebene Bewegungsfolgen, die von einfachen Abfolgen im Stand bis zu relativ komplexen Partnerformen reichen (Ta Lü). Die Fighting-Form ist eine Partnerübung, die Anwendungen der Taiji Bewegungen in der Selbstverteidigung in den Mittelpunkt rückt. Auch diese Form ist spielerisch, entwickelt aber unsere Fähigkeit die Prinzipien des langsamen Taiji in schnelle, enorm effektive Bewegungen umzusetzen. Auch hier wird auf den Einsatz Innerer Energie und nicht äußerer Kraft Wert gelegt.

Alle Partnerübungen sind dynamisch und laufen typischerweise sehr fröhlich ab.

Waffenformen

Neben der eigentlichen Taiji-Form, die auch ‚Handform‘ genannt wird, gibt es im authentischen Yang-Stil auch eigenständige Formen, die mit Waffen ausgeführt werden. Am bekanntesten ist die elegante Schwert-Form, in der wir lernen, unsere Qi-Wahrnehmung bis auf das Schwert auszudehnen. Zudem schulen die eindeutigen und klaren Bewegungen der Schwert-Form unseren Geist (‚I‘) und wirken so auch positiv auf die Handform. Die Säbelform ist ungemein dynamisch und die raschen Drehbewegungen mit dem einschneidigen Säbel erschließen uns nahezu gleichzeitig alle Richtungen des 3-dimensionalen Raums. Die Langstock-Form schließlich gilt als die Krönung der Taiji-Waffenformen. Sie setzt tiefe Kenntnisse des inneren Taiji voraus und wird erst sehr spät unterrichtet.

Zu allen Waffenformen gibt es auch Vertiefungsstufen und Partnerformen, die in spielerischer Weise den Taiji gemäßen Einsatz der Waffen üben.